Winterkoliken: Warum sie oft mit Wasser beginnen und wie man vorbeugt

Winterkoliken: Warum sie oft mit Wasser beginnen und wie man vorbeugt

Der Winter stellt Pferdehalter vor immense Herausforderungen. Gefrorene Böden, matschige Ausläufe, Dunkelheit und klirrende Kälte verändern den Alltag im Stall massiv. Doch während wir uns Sorgen um Husten oder Mauke machen, lauert eine weit größere Gefahr im Verborgenen: die Winterkolik.

Statistiken von Tierkliniken zeigen regelmäßig, dass mit dem ersten dauerhaften Frost die Zahl der Kolik-Notfälle sprunghaft ansteigt. Dabei handelt es sich selten um die dramatischen Darmverschlingungen, sondern sehr häufig um sogenannte Anschoppungskoliken (Verstopfungskoliken). Das Tückische daran: Sie entwickeln sich schleichend über Tage, bevor das Pferd deutliche Schmerzsymptome zeigt. Um zu verstehen, warum das passiert, müssen wir tief in die Physiologie des Pferdes und die Veränderungen im Fütterungsmanagement blicken.

Das physiologische Dilemma: Trockenes Futter trifft auf Durstlosigkeit

In den Sommermonaten nimmt ein Pferd auf der Weide mit dem Gras enorme Mengen an Flüssigkeit auf. Gras besteht zu ca. 80 % aus Wasser. Ein Pferd, das viel weidet, deckt einen Großteil seines Flüssigkeitsbedarfs quasi „nebenbei“.

Im Winter ändert sich die Diät radikal auf Raufutter (Heu, Heulage) und Stroh. Diese Futtermittel haben einen Trockensubstanzgehalt von über 85 %. Um diesen trockenen Futterbrei im meterlangen Verdauungstrakt gleitfähig zu halten, muss das Pferd aktiv trinken – und zwar viel. Ein Großpferd benötigt bei reiner Heufütterung ca. 30 bis 50 Liter Wasser pro Tag, nur um die Verdauung aufrechtzuerhalten.

Hier beginnt das Problem: Viele Pferde trinken bei Kälte deutlich weniger.

  1. Die Wassertemperatur: Eiskaltes Wasser (nahe 0 °C) ist für Pferde unangenehm, besonders für ältere Tiere mit empfindlichen Zähnen. Es kostet den Körper Energie, das Wasser aufzuwärmen.
  2. Mangelndes Durstgefühl: Anders als bei Hitze fehlt im Winter oft der starke Reiz, zu trinken.
  3. Technische Hürden: Zugefrorene Tränken oder Selbsttränken mit zu geringem Durchfluss frustrieren das Pferd. Wenn das Trinken mühsam ist, geben viele Pferde zu früh auf.

Die Folge ist fatal: Dem Futterbrei wird im Dickdarm Wasser entzogen, da der Körper versucht, seinen Flüssigkeitshaushalt zu stabilisieren. Der Kot wird härter, trockener und bleibt schließlich in den Engstellen des Darms (z. B. in der Beckenflexur) stecken. Eine Anschoppung entsteht.

Die Rolle der Bewegung: Der Motor steht still

Ein weiterer Faktor, den Pferdehalter oft unterschätzen, ist der Bewegungsmangel. In freier Wildbahn bewegt sich das Pferd auch im Winter 16 Stunden im Schritt, um Futter zu suchen. Diese stetige Bewegung massiert den Bauchraum und regt die Peristaltik (Darmbewegung) mechanisch an.

In der modernen Haltung stehen Pferde im Winter oft viele Stunden in der Box oder auf kleinen, matschigen Paddocks, auf denen sie sich kaum bewegen („Herumstehen“). Fehlt die Bewegung von außen, wird auch der Darm träge. Kommt dann noch der oben beschriebene Flüssigkeitsmangel hinzu, ist die Kolik vorprogrammiert.

Alternative Heilmittel und der Blick in die Kräuterküche

Viele Pferdehalter greifen in dieser Zeit präventiv zu Hausmitteln oder Kräutern, um die Verdauung zu unterstützen. Der Vergleich zwischen traditioneller Naturheilkunde und moderner Fütterungswissenschaft ist hier besonders spannend.

Was sagt die Pflanzenheilkunde?

Klassische „Bauchweh-Kräuter“ sind Fenchel, Anis und Kümmel. Sie enthalten ätherische Öle, die entkrampfend (spasmolytisch) auf die glatte Muskulatur des Darms wirken und Blähungen lösen können. Auch Pfefferminze wird gerne eingesetzt, da sie die Gallenproduktion anregt und ebenfalls entkrampfend wirkt.

Ein weiteres traditionelles Mittel ist Leinsamen (gekocht als Leinsamenschleim). Die enthaltenen Schleimstoffe legen sich schützend über die Magenschleimhaut und erhöhen die Gleitfähigkeit des Futterbreis im Darm.

Die Grenzen der Kräuter:

Kräuter sind hervorragend zur Vorbeugung und leichten Unterstützung geeignet. Aber: Keine Kräutermischung der Welt kann einen massiven Wassermangel ausgleichen. Wenn eine Anschoppung bereits besteht, hilft kein Fencheltee mehr – dann wird oft eine tierärztliche Nasenschlundsonde mit viel Flüssigkeit und Paraffinöl nötig.

Zudem berichten Pferdehalter oft, dass mäkelige Pferde gerade im Winter, wenn sie ohnehin schlechter fressen, stark riechende Kräuter im Futter verweigern.

Was Pferdehalter erleben

Hört man sich in Ställen um, ist das Thema Wasserversorgung der Stressfaktor Nummer eins im Winter.

„Mein Wallach rührt das Wasser aus der Selbsttränke nicht an, wenn es zu kalt ist“, berichtet eine Einstellerin eines Offenstalls. „Ich schleppe jeden Abend drei Eimer warmes Wasser mit, damit er überhaupt trinkt.“

Andere schwören auf Mash: „Ohne das tägliche, sehr suppige Mash würde meine Stute im Winter gar keine Flüssigkeit aufnehmen. Es ist mein Trick, ihr 5 bis 10 Liter Wasser unterzujubeln.“

Diese Beobachtungen decken sich mit tierärztlichen Empfehlungen: Alles, was Wasser ins Pferd bringt, ist gut. Allerdings muss man beim Mash aufpassen – zu viel Getreide und Zucker belasten wiederum den Stoffwechsel.

Strategien für den Ernstfall: Vorbeugen durch Management und Supplementierung

Um Winterkoliken zu vermeiden, braucht es eine Kombination aus Haltungsmanagement und gezielter Fütterung.

1. Wasser attraktiv machen

Beheizbare Tränken sind der Goldstandard. Wo das nicht möglich ist, hilft es, Bottiche thermisch zu isolieren oder mehrmals täglich warmes Wasser nachzufüllen. Ein Schuss Apfelsaft im Wasser kann für schlechte Trinker einen Anreiz bieten.

2. Bewegung erzwingen

Auch bei schlechtem Wetter muss das Pferd bewegt werden. Wenn der Boden kein Reiten zulässt, ist ein 20-minütiger strammer Spaziergang besser als nichts. Er bringt den Kreislauf und den Darm in Schwung.

3. Elektrolythaushalt im Blick behalten

Pferde, die im Wintertraining stehen oder eingedeckt sind, schwitzen oft unbemerkt nach. Auch wenn man keinen Schweiß sieht, verliert das Pferd Elektrolyte. Ein Mangel an Salzen reduziert wiederum das Durstgefühl – ein Teufelskreis.

Hier kann der gezielte Einsatz von AHIPOS Elektrolyt sinnvoll sein. Es gleicht nicht nur Verluste durch Schwitzen aus, sondern regt physiologisch bedingt auch den Durst an. Ein Pferd, das ausreichend mit Elektrolyten versorgt ist, trinkt in der Regel besser und konstanter.

4. Verdauung harmonisieren

Ist das Pferd bekannt für einen empfindlichen Magen-Darm-Trakt oder neigt es bei der Umstellung auf Winterfütterung zu Problemen, ist eine Unterstützung der Darmflora ratsam. AHIPOS Digestiv liefert hier wertvolle Komponenten, die das Darmmilieu stabilisieren und die Verdauungsfunktion auch unter stressigen Winterbedingungen aufrechterhalten können. Es zielt darauf ab, Schwankungen im pH-Wert abzupuffern und die Futterverwertung zu optimieren.

Kolik oder „nur“ Bauchweh?

Nicht jedes Unwohlsein ist sofort eine lebensbedrohliche Kolik, aber im Winter sollte man lieber einmal zu oft den Tierarzt rufen. Warnsignale sind:

  • Verweigern des Futters (auch von Leckerlis)
  • Wühlen im Stroh, aber nicht hinlegen
  • Flehmen (Oberlippe hochziehen)
  • Ständiges Umschauen zum Bauch
  • Weniger oder sehr kleine, harte Äppel im Boxenmist

Fazit

Die Winterkolik ist in den meisten Fällen ein „menschengemachtes“ Problem, das durch suboptimale Haltungsbedingungen begünstigt wird. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist: Wir haben es in der Hand. Durch penible Kontrolle der Wasseraufnahme, Schaffung von Bewegungsanreizen und eine durchdachte Fütterung, die präventiv auf die Schwachstellen des Pferdes eingeht, lässt sich das Risiko auf ein Minimum reduzieren. Wer versteht, dass Wasser das wichtigste „Futtermittel“ im Winter ist, hat den Kampf gegen die Kolik schon halb gewonnen.

FAQ: Wichtige Fragen zur Winterkolik

Frage Antwort
Wie erkenne ich, ob mein Pferd dehydriert ist? Der klassische Hautfaltentest am Hals ist im Winter durch das dicke Fell oft ungenau. Besser: Schauen Sie sich das Zahnfleisch an. Es sollte blassrosa und feucht sein. Fühlt es sich klebrig oder trocken an und wird nach Druck (Kapillarfüllzeit) nur langsam wieder rosa (länger als 2 Sekunden), fehlt Flüssigkeit. Auch sehr trockene, kleine Pferdeäpfel sind ein Warnsignal.
Ist Schnee fressen ein Ersatz für Wasser? Nein, auf keinen Fall. Um den Flüssigkeitsbedarf durch Schnee zu decken, müsste ein Pferd riesige Mengen fressen. Da das Schmelzen des Schnees im Körper extrem viel Energie (Wärme) entzieht, führt dies oft zu Magenreizungen („Schneegastritis“) und Unterkühlung des Körperkerns, was wiederum Koliken auslösen kann.
Darf ich mein Pferd bei Kolikverdacht wälzen lassen? Die alte Regel „Nicht wälzen lassen“ ist überholt. Wenn das Pferd sich vorsichtig hinlegen und wälzen möchte, darf es das oft tun, da dies helfen kann, Gasblasen oder Darmverschiebungen zu lösen. Aber: Wenn das Pferd sich vor Schmerzen wild hinwirft und Verletzungsgefahr für Mensch und Tier besteht, sollten Sie es zum Aufstehen animieren und im Schritt führen, bis der Tierarzt da ist.
Hilft Bewegung bei einer Anschoppung? Ja, moderate Bewegung im Schritt ist meist hilfreich. Das Schaukeln des Rumpfes und die Anspannung der Bauchmuskulatur massieren den Darm. Aber bitte nicht traben oder longieren – das bedeutet Stress und zieht Blut aus dem Verdauungstrakt in die Muskeln ab, was kontraproduktiv ist.
Warum sind Senioren besonders gefährdet? Alte Pferde haben oft Zahnprobleme und kauen Heu schlechter. Längere Faserstücke im Darm neigen eher zur Verknäuelung. Zudem haben Senioren oft ein reduziertes Durstgefühl und Arthroseschmerzen, weswegen sie sich weniger bewegen und seltener zur Tränke gehen. Hier ist Suppen-Fütterung (Mash, Heucobs) oft lebenswichtig.
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